Am 29. und 30. Juni 2015 fand in Loheland bei Fulda die Tagung «Was Häuser und Wege erzählen. Die Frauensiedlung Loheland im Kontext der Moderne des 20. Jahrhunderts» statt. (Zum Flyer...)
Diese Tagung markiert den Beginn einer Wiederentdeckung eines bedeutenden lebensreformerischen Erinnerungsortes. Auf der Suche nach einem geeigneten Platz für eine Gymnastikschule kauften Louise Langgaard und Hedwig v. Rohden 1919 das Grundstück auf einer Anhöhe in der Rhön. Innert weniger Jahre entstand eine umfangreiche Streusiedlung mit heute über 50 Einzelbauten. Neben der Gymnastikschule wurden handwerkliche Lehrbetriebe und eine Doggenzucht aufgebaut. Zudem gehörte Loheland zu den Pionieren der biologisch-dynamischen Landwirtschaft. Die Ausbildung in Loheland sollte jungen Frauen ein unabhängiges, selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Vor allem als Gymnastiklehrerinnen machten sich die Loheländerinnen noch lange Zeit einen Namen. Eng verbunden mit der Jugendbewegung, führender Reformpädagogen und Ausdruckstänzerinnen, den Vertretern des Bauhauses und in engem Kontakt mit anderen Reformsiedlungen wie Hellerau, Dornach und Worpswede, gehörte Loheland in der Zwischenkriegszeit zu den Knotenpunkten der europäischen Lebensreformbewegung.
Mit 1933 endete auch in Loheland eine Ära. Nicht mehr die Ausbildung junger Frauen zu einem selbstbestimmten Leben, sondern systemkonformes Wandern, Singen und Basteln mit Jungmädeln und Bund Deutscher Mädel stand auf dem Plan. Während sich Louise Langgaard mit der neuen Situation arrangierte, verliess Hedwig v. Rohden die Siedlung und kehrte erst Jahrzehnte später zurück. Doch im Unterschied vieler anderer Orte der Lebensreform konnte die hessische Frauensiedlung nach 1945 an die Reformprojekte der Zwischenkriegszeit anknüpfen. Neben der Gymnastikausbildung begann der Aufbau einer anthroposophischen Schule, die heute im Zentrum des Engagements der Siedlung steht.
Wie kaum eine Siedlung im Kontext der Lebensreform ist Loheland auch heute noch mit Leben erfüllt. Neben dem Schulbetrieb sind auch die handwerklichen und landwirtschaftlichen Unternehmungen immer noch aktiv. Die historische Erforschung Lohelands befindet sich erst am Anfang. Ein grosses Archiv wartet noch auf seine Bearbeitung. Auch die Denkmalschützer haben noch eine grosse Aufgabe vor sich. Weitere Veranstaltungen im Rahmen der Aufarbeitung der Geschichte Lohelands wurden bereits angekündigt oder sind in Planung.