Mathildenhöhe

Nach der Tagung in Loheland blieb noch Zeit für einen kurzen Abstecher nach Darmstadt zur Künstlerkolonie auf der Mathildenhöhe. Spätestens seit der Ausstellung «Lebensreform – Entwürfe zur Neugestaltung von Leben und Kunst um 1900» und dem dazugehörigen Band (2001, hrsg. durch Kai Buchholz u.a.) ist die Darmstädter Künstlerkolonie eng mit der Erforschung der Lebensreformbewegung verbunden.

1899 durch Grossherzog Ernst Ludwig von Hessen ins Leben gerufen, sollte die Kolonie Raum für Künstler bieten, die nicht nur Werke für Galerien und die Landhäuser der Adligen schaffen, sondern mit ihrer Kunst in alle Bereiche des Lebens eindringen wollten. Dieser umfassend verstandene Kunstbegriff lässt sich heute noch an den Ausstellungsstücken im sehr empfehlenswerten, kleinen Museum der Künstlerkolonie erahnen. Nicht nur die Architektur, auch sämtliche Einrichtungsgegenstände eines Haushaltes wurden bis ins letzte Detail durchdacht. Mit ihren Naturmotiven, geschwungenen Formen, Sonnendarstellungen und nackten Körpern teilten die Darmstädter Künstler die ästhetischen Vorlieben der Lebensreformer. Der Erste Weltkrieg setzte der Künstlerkolonie jedoch ein jähes Ende. Im Vergleich zum viel langlebigeren und auf wesentlich praktischere Anwendungen fokussierten Loheland drängt sich die Frage auf, wie viel Lebensreform neben der geteilten Ästhetik und dem gleichklingenden Welterneuerungspathos tatsächlich in der Darmstädter Künstlerkolonie zu finden war. Oder ob die starke Verortung im lebensreformerischen Komplex ähnlich wie beim Monte Verità eher auf eine nachträgliche Mythologisierung zurückzuführen ist. Im April 2016 bietet eine wissenschaftliche Tagung die Möglichkeit, solche und weitere Frage – insbesondere mit Blick auf die Weltkulturerbe-Bewerbung – zu diskutieren.

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